Superkilen ist einer von vielen öffentlichen Räumen, die in den vergangenen zwanzig Jahren im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro angelegt wurden. Ziel des Parks war es, einen erweiterten Sozialraum zu schaffen, der das Quartier stärker in das größere Stadtgefüge einbindet. Außerdem sollten Bedingungen für Mitbestimmung und Inklusion etabliert werden, so dass die unterschiedlichen kulturellen und ethnischen Gruppen Teil der Planung werden konnten. So galt es nicht nur, Räume zu schaffen, wo sich die Nachbarschaften gerne aufhalten. Zusätzlich sollte sich deren Diversität im Entwurf abbilden. Im Prozess entstand so eine Reihe von Räumen, die von unterschiedlichen Vorstellungen geprägt und für verschiedene Aktivitäten programmiert ist. Doch genau das wirft auch viele Fragen über die genauen Ambitionen für und Umsetzungen von zivilgesellschaftlichen Mitgestaltungsprozessen auf.
Die Arbeiten von Thomas Hirschhorn thematisieren die Herausforderungen unserer Zeit. Sie handeln von Klimanotstand und Gerechtigkeit, von Konsumexzess und Entfremdung. Viele der geopolitischen Diskussionen, die der Künstler anschneidet und die wir sonst gut auf Distanz halten können, brechen in seinen Arbeiten über und auf uns ein. Wir werden Teil des hirschhornschen Kosmos, der so klar sagt, wie wichtig es ist, Position zu beziehen. Die ausgestellte Collage wirkt auf den ersten Blick seltsam nüchtern, fast entfremdet. Werte und Haltungen, nicht Lösungen, stehen im Zentrum. Einfache Antworten auf die mannigfachen Fragen suchen wir vergeblich. Vielmehr geht es um das Knüpfen von sozialen Beziehungen, das gemeinsame Handeln, das Erfinden von Praktiken, die Räume produzieren oder verändern.
Wie die Arbeiten des Crimson Kollektivs für Architekturgeschichte zeigen, wäre es fahrlässig, Straßen auf Mobilitätsdiskussionen zu beschränken. Denn diese Räume agieren vor allem auch als Protesträume. Die Straße, abgesperrt und leer gefegt vom Verkehr, wird dabei Bühne für das Öffentlichmachen von Unmut, Unbehagen und Unzufriedenheit gegenüber staatlichen Systemen oder politischen Entscheidungen. Crimsons Arbeit spricht von diesen Kämpfen genauso wie von Dynamiken und Kräften, die sich hier offenbaren. Die Zukunft von Protestbewegungen, so argumentieren sie, ist eng gekoppelt an die Straße als für alle zugänglichem Versammlungsort. Doch dieses Verständnis ist nicht überall gegeben. Was passiert zum Beispiel, wenn Überwachungspraktiken überhandnehmen? Oder, so fragen Crimson, wird genau dies immer wieder neue Proteste auslösen?
20 Jahre ist es her, dass der Schieblock in Rotterdam von dem Architekturbüro ZUS als sogenannte Anti-Besetzung bezogen wurde. Damals waren die Gebiete im Umfeld dieses Blocks jedoch durch Straßen und Bahntrassen zerschnitten und voneinander getrennt. So entstand die Idee einer Brücke. Die Hoffnung: neue Impulse und Nutzungen für die leerstehenden Gebäude und Stadtbrachen. Die Brücke brachte, schon bevor es sie gab, Menschen in Rotterdam zusammen. Über eine Internet-Plattform konnten sie Holzbeplankungen erwerben und somit die Brücke, die schließlich 2015 eröffnet wurde, kofinanzieren. Doch auch weitere Aspekte des Projekts wurden nachdrücklich von der Kommune Rotterdam gefördert: Arbeits- und Büroräume, Restaurants, Cafés und Grünflächen. Seitdem wird viel über die neue Lebendigkeit im Quartier, aber auch die Konsequenzen von Aufwertung und Exklusivität gesprochen.
Die Arbeiten von constructLab entfalten sich im Kosmos zwischen Imagination und Leben. Im Fokus des Kollektivs steht dabei weniger das Schaffen von fixen und unveränderlichen Tatsachen. Stattdessen suchen sie aktiv nach Möglichkeiten, den Wünschen und Hoffnungen, die sich in Aneignungen ausdrücken, Form zu geben. Der Baukiosk ist in diesem Kontext ein Bild. Als komplexes Gebilde verkörpert er eine besondere Form des Stadtmachens, die unterschiedliche Interessen mit unterschiedlichen Möglichkeiten verbindet oder sogar bewusst kollidieren lässt. So ist der Baukiosk Treffpunkt genauso wie Sammelstelle. Analoges Billboard und digitale Anzeigetafel. Informationssystem genauso wie Ruhepunkt. Verteiler genauso wie Auskunftsschalter. Immer ist er vieles—und alles gleichzeitig.
Die Stadt Görlitz ist durch Abwanderung seit den 1990er Jahren um ein Viertel ihrer Einwohnenden geschrumpft. 2008 wagen eine Forschungsgruppe der TU Dresden und die Stadtverwaltung Görlitz ein Experiment, um neue Menschen in die Stadt zu locken. Temporäres Wohnen in Görlitz soll die Qualitäten und Potenziale dieses Ortes offenbaren. Probewohnen, Stadt Erleben, Stadt auf Probe—mittlerweile läuft die vierte Auflage des Experiments. Interessierte können das Wohnen in der Stadt ausprobieren und die Netzwerke im Kultur- und Jugendbereich kennenlernen. Sie können gemeinschaftliche Arbeitsplätze und Werkstätten nutzen und so direkt neue soziale und berufliche Perspektiven ausloten.
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (I.R), vertreten durch das Interdisziplinäre Zentrum für ökologischen und revitalisierenden Stadtumbau; Amt für Stadtentwicklung der Stadt Görlitz; KommWohnen Service GmbH, kommunale Wohnungsgesellschaft; KoLABORacja e.V., Kühlhaus e.V., Wildwuchs e.V., Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Förderung
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Das ist unser Haus!
Wohnen darf, genau wie Grund und Boden, keine Ware sein—so lautet das Ziel des Mietshäuser Syndikats ganz knapp zusammengefasst. Seit seiner offiziellen Gründung 1993 in Freiburg werden selbstorganisierte Hausprojekte entwickelt und gefördert. Die Besonderheit des Syndikats ist, dass Grundstücke und Gebäude dauerhaft dekommodifiziert werden. Das heißt: Das Syndikat kauft zusammen mit den Mietenden eines Hauses das Objekt samt Grund und Boden, und löst damit traditionelle Eigentums- oder andere Abhängigkeitsverhältnisse auf. Es entzieht Gebäude und das Stück Land, auf dem sie stehen, dem Immobilienmarkt und positioniert sich explizit gegen Spekulation und Profit. Etwa 160 Projekte in Deutschland, den Niederlanden und Österreich befinden sich mittlerweile unter dem Schirm des Syndikats, die langfristig leistbare Wohn‑, Arbeits- und Lebensräume Wirklichkeit werden lassen.
Als Yuriy Fylyuk und seine Freunde im Sommer 2008 aus Kiew nach Iwano-Frankiwsk kamen, fanden sie einen Ort vor, an dem vielfacher Mangel herrschte. Sie gründen das Netzwerk Teple Misto oder Warme Stadt, zu dem mittlerweile rund 60 lokale Unternehmen gehören. Ein Restaurant wird Plattform für die Aktivitäten der Gruppe und dient als Ort des Zusammenkommens und Austauschs. 100 Menschen beteiligen sich als Mitfinanzierende im Projekt Urban Space 100. Auch die Einnahmen aus dem Restaurant fließen in den Topf, aus dem seit 2015 Initiativen, kleine und größere Projekte finanziert und gefördert werden. So wurden mit den so gesammelten Geldern bereits historische Hauseingänge restauriert, Computer für medizinische Einrichtungen beschafft, Sportveranstaltungen und Festivals ausgerichtet.
Yuriy Fylyuk und sechs Freunde, Gründung Teple Misto, Koentwicklung der Idee für das Urban Space 100 und Besitz des Trademark Urban Space 100; Teple Misto, Management von Urban Space 100; 100 Gründerinnen und Gründer, Finanzierung des Urban Space 100; Urban Space 100, NGO und Förderung von Projekten; LLC URBAN 100, Restaurantbetrieb; 23 Restaurants, Firma für Restaurantmanagement und Management von LLC URBAN 100