Die Arbeiten des Fotografen und Filmemachers Jan Dirk van der Burg zeigen Trampelpfade: schmale und unbefestigte Wege, die dadurch entstehen, dass sie wieder und wieder begangen oder befahren werden. Sie folgen den organischen Bewegungsabläufen von Menschen, die sich fußläufig oder mit dem Fahrrad durch die Welt bewegen. So werden die am Reißbrett scharf und klar umrissenen Räume der Infrastruktur- und Stadtplanenden infrage gestellt. Trampelpfade stehen hier für Widerstand, für kleine Gesten des zivilen Ungehorsams. Sie wehren sich gegen einen Ordnungs- und Gestaltungswillen, der sich über alles stülpt und doch im täglichen Gebrauch keinen Sinn macht. Sie entstehen da, wo die Planenden der immer noch autogerechten Welt nicht mit Menschen gerechnet haben, die ihren eigenen Kopf haben.
Larissa Fassler baut und zeichnet Raum. Doch nichts ist hier maßstäblich geordnet oder aufgeräumt. In den großformatigen Zeichnungen von Städten führt sie uns vor, was wir erleben, wenn wir über Straßeninseln laufen, durch Unterführungen und Passagen gehen oder in Hauseingänge hineinschauen. Die Künstlerin überlagert den gebauten Raum mit dem, was durch Aneignungen hinzukommt. Sie beobachtet und begeht den Raum immer wieder, sammelt und kartiert Gefundenes. So auch bei ihrer Arbeit Kotti (revisited). Die vielen Fragmente, die hier übereinander geschichtet liegen, erzählen Geschichten von einem komplexen Raum, der ganz selbstbewusst und entschieden sagt: »Ich bin Stadt. Weder bin ich leicht zu ordnen noch zu planen. Und ich werde mich wehren, wenn meine Vielschichtigkeit in Frage gestellt wird.« Planung, so das große bunte Bild, muss sich um all das kümmern, mit dem gelebten Raum arbeiten statt gegen ihn. Denn wo soll diese Stadt hin, wenn sie hier weg muss?
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Vom Versuch, einen Platz zu erfassen
Kyle McDonald (with Jonas Jongejan), Exhausting a Crowd, 2015. Commissioned by the Victoria and Albert Museum
Überwachungskameras gehören mittlerweile zum Bild vieler Städte. Doch Kameras sind keinen neutralen Begleiter: Alles geht in diese Geräte rein, wird übertragen, von irgendwelchen Menschen irgendwo an einer anderen Stelle angesehen, ausgewertet, aufgearbeitet, analysiert und dokumentiert. Was noch alles? Wir wissen es nicht genau, denn viel davon wird unter Verschluss gehalten. Der Künstler Kyle McDonald will verstehen, wie uns diese neuen Technologien betreffen oder beeinflussen. Dafür stellt er Videoaufnahmen von öffentlichen Plätzen ins Netz und offenbart damit das, was sonst nur andere sehen. Alle können das Gesehene online kommentieren: Begegnungen, Streit, Regen, Sonne. Die Menschen werden zu Objekten der Unterhaltung, teils Belustigung. McDonald macht damit sichtbar, wie diese allgegenwärtige mediale Aufrüstung ethische Fragen, warum wer was und wie so sehen darf, schnell in den Hintergrund rücken lässt.
Kyle McDonald, Künstler; Jonas Jongejan, Mitwirkender; Victoria & Albert Museum, V2_Institute, Birmingham Open Media, Auftrag
Jahr
Seit 2015
Ort
Verschiedene Orte
Kyle McDonald (with Jonas Jongejan), Exhausting a Crowd, 2015. Commissioned by the Victoria and Albert MuseumKyle McDonald (with Jonas Jongejan), Exhausting a Crowd, 2015. Commissioned by the Victoria and Albert Museum
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Die bewegten Bilder zeigen Bogotá und Sankt-Petersburg, Rabat und Seoul, Neapel und Tokyo, Doha und Shanghai, Kyoto und Venedig. Wir tauchen in Szenen urbanen Alltags ein. Es wird gefischt, geputzt, getanzt und gelacht. Was wir hier sehen ist Stadt. Doch wird uns nicht die Stadt gezeigt, die sich von Großprojekt zu Großprojekt hangelt, um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Die Räume in diesem Film sprechen vielmehr vom Leben. Stadt ist gelebter Raum, der von uns und unseren Praktiken lebt und erst dadurch lebendig wird. Die Gleichheit der globalen Städte finden wir hier nicht. Stattdessen: Pluralität, Heterogenität und immer wieder ganz ortsspezifisches Machen.
Beide Arbeiten von Andreas Koch, Fenster und Teppich, sind regungslos. Sie bilden die Spuren in der Existenz einer Stadt, im Leben eines oder mehrerer Menschen ab. Vermeintlich Vertrautes, die Schnittstelle vom Drinnen zum Draußen, wird durch die Vergrößerung seltsam verzerrt. Auch der perspektivisch eigenartige Blick von oben auf eine Wohnung, die so gar nicht gesehen werden kann, verändert die scheinbar gewohnten Innenräume. Er macht das Private zum Öffentlichen, ohne dass die Bewohnenden von diesen Blicken erfahren. Wir nehmen beobachtende, distanzierte Positionen ein: einsam, fremdartig verrückt, tonlos, passiv und ganz ohne Teilhabe. Und so dauert es nicht lange, bis dieser voyeuristische Blick auf das Leben anderer unangenehm wird. Bloß raus hier und rein in die Stadt!