Jeden letzten Freitag des Monats treffen sich Radfahrende, sowohl in Metropolen als auch in kleineren Städten, um—in Kolonne und als schiere Masse—die Straßen einzunehmen, regelrecht zu besetzen. Das Prinzip der kritischen Masse nutzt dabei eine Regel der Straßenverkehrsordnung, nach der ein Verband aus mindestens zwölf Radfahrenden als Fahrzeug zu betrachten ist und somit auch geschlossen über eine rot werdende Ampel fahren kann. Wer vorn radelt, bestimmt mit, wo es lang geht. Aufmerksamkeit wollen die Radfahrenden darauf lenken, dass die autogerechte Stadt des letzten Jahrhunderts an vielen Orten bis heute gefährliche Realität ist. Critical Mass ist damit ein friedliches und solidarisches Protestradeln gegen die Hegemonie des motorisierten Verkehrs in Stadtplanungen weltweit.
Kritische Masse für Freiheit und Bewegung
Einmal wieder durch die Stadt ziehen
Der mobile Zebrastreifen ist ein tragbares und an unübersichtlichen Straßenstellen einsetzbares Instrument. Er dient dazu, Fahrbahnen dort, wo keine legale Überquerungsmöglichkeit besteht, rechtskonform für fußläufige Menschen bequem überquerbar zu machen. Wegen der Größe und des damit verbundenen Gewichts des Teppichs geht das allerdings nicht allein. Es braucht viele Menschen, die mittragen und ‑rollen wollen. Damit wird das Überqueren einer anderweitig nicht-kreuzbaren Straße zur kollektiven Aktion, zu einer Art Protestmarsch. Das spielerisch erscheinende Artefakt weist dabei auf die hartnäckig bestehenden ungleichen Bewegungsräume von verschiedenen Gruppen in der Stadt hin. Mit dem Zelebrieren der nachhaltigsten aller Fortbewegungsarten zeigt der mobile Zebrastreifen auf, wie eine gerechte Stadt für Fußläufige aussehen könnte.
Begegnungen provozieren
Die Arbeiten von Thomas Hirschhorn thematisieren die Herausforderungen unserer Zeit. Sie handeln von Klimanotstand und Gerechtigkeit, von Konsumexzess und Entfremdung. Viele der geopolitischen Diskussionen, die der Künstler anschneidet und die wir sonst gut auf Distanz halten können, brechen in seinen Arbeiten über und auf uns ein. Wir werden Teil des hirschhornschen Kosmos, der so klar sagt, wie wichtig es ist, Position zu beziehen. Die ausgestellte Collage wirkt auf den ersten Blick seltsam nüchtern, fast entfremdet. Werte und Haltungen, nicht Lösungen, stehen im Zentrum. Einfache Antworten auf die mannigfachen Fragen suchen wir vergeblich. Vielmehr geht es um das Knüpfen von sozialen Beziehungen, das gemeinsame Handeln, das Erfinden von Praktiken, die Räume produzieren oder verändern.
Von der Straße als Protestraum
Wie die Arbeiten des Crimson Kollektivs für Architekturgeschichte zeigen, wäre es fahrlässig, Straßen auf Mobilitätsdiskussionen zu beschränken. Denn diese Räume agieren vor allem auch als Protesträume. Die Straße, abgesperrt und leer gefegt vom Verkehr, wird dabei Bühne für das Öffentlichmachen von Unmut, Unbehagen und Unzufriedenheit gegenüber staatlichen Systemen oder politischen Entscheidungen. Crimsons Arbeit spricht von diesen Kämpfen genauso wie von Dynamiken und Kräften, die sich hier offenbaren. Die Zukunft von Protestbewegungen, so argumentieren sie, ist eng gekoppelt an die Straße als für alle zugänglichem Versammlungsort. Doch dieses Verständnis ist nicht überall gegeben. Was passiert zum Beispiel, wenn Überwachungspraktiken überhandnehmen? Oder, so fragen Crimson, wird genau dies immer wieder neue Proteste auslösen?
Wehrhafte Kleinbauten
Wir schauen auf eine tief in den Boden gebaggerte Grube. In der Mitte: wie ein Fels in der Brandung ein gewaltiger Erdklumpen, auf dem ein letztes vereinzeltes Haus steht. »Nagelhäuser« heißen diese Gebilde, die in einer scheinbaren Öde übrig geblieben sind. Für Ahmet Öğüt sind diese Häuser »Ausdruck des individuellen Alltagswiderstands gegen die Strategien staatlicher oder unternehmerischer Zwänge«. Sie sind Überbleibsel eiliger Urbanisierungsprozesse und sprechen gleichzeitig von Verdrängung. Öğüts Modelldarstellungen der Nagelhäuser halten diesen Zustand als Warnung fest. Und so wird der Widerstand gegen die unerbittliche globale Immobilienwirtschaft und spekulative Grundstücksentwicklung langfristig sichtbar und damit für andere verhandelbar gemacht.