Gelebter Raum

Kot­ti (revis­it­ed), Fine Art Print, 157×160 cm, 2014 © Laris­sa Fassler

Laris­sa Fassler baut und zeich­net Raum. Doch nichts ist hier maßstäblich geord­net oder aufgeräumt. In den groß­for­mati­gen Zeich­nun­gen von Städten führt sie uns vor, was wir erleben, wenn wir über Straßenin­seln laufen, durch Unter­führun­gen und Pas­sagen gehen oder in Hau­se­ingänge hinein­schauen. Die Kün­st­lerin über­lagert den gebaut­en Raum mit dem, was durch Aneig­nun­gen hinzukommt. Sie beobachtet und bege­ht den Raum immer wieder, sam­melt und kartiert Gefun­denes. So auch bei ihrer Arbeit Kot­ti (revis­it­ed). Die vie­len Frag­mente, die hier übere­inan­der geschichtet liegen, erzählen Geschicht­en von einem kom­plex­en Raum, der ganz selb­st­be­wusst und entsch­ieden sagt: »Ich bin Stadt. Wed­er bin ich leicht zu ord­nen noch zu pla­nen. Und ich werde mich wehren, wenn meine Vielschichtigkeit in Frage gestellt wird.« Pla­nung, so das große bunte Bild, muss sich um all das küm­mern, mit dem gelebten Raum arbeit­en statt gegen ihn. Denn wo soll diese Stadt hin, wenn sie hier weg muss?


Pro­jekt

Kot­ti (revis­it­ed)


Kün­st­lerin

Laris­sa Fassler


Jahr

2014


Ort

Berlin, Deutsch­land

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Eine Modellstadt aus Erinnerungen und Träumen

Die Stadt­land­schaft der Welt­stadt entwick­elt sich aus etwa 150 Häusern, die von Geflüchteten zusam­men mit dem Berlin­er Vere­in Schle­sis­che 27 und anderen Organ­i­sa­tio­nen gebaut wur­den. © Aris Kress

Dass die hier ver­sam­melten Häuser zusam­mengewür­felt wirken, kommt daher, dass es die einzel­nen Gebäude, so wie sie da ste­hen, zum Teil gar nicht als gebaute Struk­turen gibt. Sie sind Abbil­dun­gen von Erin­nerun­gen, die sich mit Visio­nen von ein­er zukün­fti­gen Bleibe mis­chen. Gebaut von Geflüchteten aus dem Iran, Syrien, Marokko und Pak­istan, ent­stand die Welt­stadt, wie das Pro­jekt heißt, zusam­men mit dem Berlin­er Vere­in Schlesische27 und anderen Organ­i­sa­tio­nen. Diese Glob­al City der anderen Art ist Speku­la­tion und Traum: über eine Zukun­ft ohne Gren­zen, über Stadt als dial­o­gis­ch­er Prozess und Viel­stim­migkeit, von der wir heute noch immer zu wenig haben.


Pro­jekt

Welt­stadt


Beteiligte

S27—Kunst und Bil­dung, Ini­tia­tive; Anton Schüne­mann, Bar­bara Mey­er, Lin­da Weich­lein, Matze Görig, Konzept und Kün­st­lerische Pro­jek­tleitung, Lin­da Weich­lein, Organ­isatorische Pro­jek­tleitung, Jana Barthel, Car­los de Abreu, Matthias Falken­berg, Jens Ger­lich, Wasim Ghiri­ou, Abuzer Güler, Renaud Hélé­na, Chris­t­ian Diaz Ore­jare­na, Nidal Jalouk, Folke Köb­ber­ling, Bern­hard Kremser, Ben­jamin Men­zel, Valentin Peitz, Thorsten Schlop­snies / Todosch, Fed­er­i­ca Teti, Kun­sta­syl e.V. mit Bar­bara Caveng, Rudi Keil­er Gómez de Mel­lo, Char­lotte Kent Danoy, Bern­hard Kremser, Aymen Mon­tass­er, Dachil Sado, David Tsch­ier­sch, Patryk Witt


Jahr

2016—2020


Ort

Berlin, Deutsch­land

Kinder, Jugendliche und Erwach­sene bauen Mod­elle von Häusern, die bekan­nte und erlebte, aber auch zukün­ftige und erträumte Orte darstellen. © Fred Moseley
Lamin Man­neh, Gam­bia. © Fred Moseley
Abdel Kad­er Hami, Syrien. © Matze Görig
S27—art and edu­ca­tion © Fred Moseley

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Das ist unser Haus!

Wohnen darf, genau wie Grund und Boden, keine Ware sein—so lautet das Ziel des Miet­shäuser Syn­dikats ganz knapp zusam­menge­fasst. Seit sein­er offiziellen Grün­dung 1993 in Freiburg wer­den selb­stor­gan­isierte Haus­pro­jek­te entwick­elt und gefördert. Die Beson­der­heit des Syn­dikats ist, dass Grund­stücke und Gebäude dauer­haft dekom­mod­i­fiziert wer­den. Das heißt: Das Syn­dikat kauft zusam­men mit den Mietenden eines Haus­es das Objekt samt Grund und Boden, und löst damit tra­di­tionelle Eigen­tums- oder andere Abhängigkeitsver­hält­nisse auf. Es entzieht Gebäude und das Stück Land, auf dem sie ste­hen, dem Immo­bilien­markt und posi­tion­iert sich expliz­it gegen Speku­la­tion und Prof­it. Etwa 160 Pro­jek­te in Deutsch­land, den Nieder­lan­den und Öster­re­ich befind­en sich mit­tler­weile unter dem Schirm des Syn­dikats, die langfristig leist­bare Wohn‑, Arbeits- und Leben­sräume Wirk­lichkeit wer­den lassen.


Pro­jekt

Miet­shäuser Syndikat


Beteiligte

Miet­shäuser Syn­dikat Vere­in, Einzelper­so­n­en, Hausvere­ine, Grup­pen, Miet­shäuser Syn­dikat GmbH


Jahr

Seit 1992


Ort

Deutsch­land

© Ste­fan Marx

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Ein Viertel, das die Dinge selbst in die Hand nimmt

Von 1969 bis 1971 fotografierte der Fotograf Nick Hedges das Leben in Liv­er­pool. Nick wurde von der Wohltätigkeit­sor­gan­i­sa­tion Shel­ter beauf­tragt, durch Eng­land und Schot­t­land zu reisen und das Leben von Fam­i­lien zu doku­men­tieren, die in Slums und im Elend leben. Hier sind junge Anwohn­er Liv­er­pools zu sehen die an einem Wahlplakat in der Gran­by Street vor­beige­hen. © Nick Hedges

In den 1980er Jahren ist Tox­teth Schau­platz vehe­menter Klassenkämpfe. Men­schen ver­legen ihren Wohn­sitz in andere Teile Liv­er­pools; viele der vik­to­ri­an­is­chen Rei­hen­häuser ver­fall­en. Daraufhin wird eine Gruppe im Quarti­er aktiv. Sie räu­men auf, leg­en Blu­men­beete an, stre­ichen Fen­ster und etablieren einen Markt. Eine Stiftung wird gegrün­det, der Com­mu­ni­ty Land Trust, um langfristig bezahlbaren Wohn­raum zu schaf­fen, der der Gemein­schaft gehört. Die Gruppe kann die Kom­mune überzeu­gen, Häuser nicht abzureißen, son­dern behut­sam zu erneuern. Später entwick­elt das Architek­turkollek­tiv Assem­ble einen Plan für das Gebi­et. Obwohl die Arbeit­en immer noch nicht abgeschlossen und viele Häuser immer noch baufäl­lig sind, ist das Ziel der Men­schen im Quarti­er, die Zukun­ft der Häuser selb­st in die Hand zu nehmen, erst ein­mal erreicht.


Pro­jekt

Gran­by Four Streets Redevelopment


Beteiligte

Gran­by Four Streets CLT; Steve Biko Hous­ing Asso­ci­a­tion, Beratung; Ann O’Byrne, Unter­stützerin, ehem. Liv­er­pool City Coun­cil Deputy May­or und Cab­i­net Mem­ber for Hous­ing; Assem­ble, Architekturbüro


Jahr

Seit 2011


Ort

Liv­er­pool, England

Assem­ble arbeit­ete mit dem Gran­by Four Streets Com­mu­ni­ty Land Trust (CLT) zusam­men, um unter anderem 10 ver­fal­l­ene Rei­hen­häuser auf der Cairns St. in Tox­teth zu ren­ovieren. © Lewis Jones
© Lewis Jones
Durch den Abriss aller bis auf vier von Granbys Straßen wurde eine einst blühende Gemeinde zer­streut, und die verbleiben­den »Gran­by Four Streets« waren nur noch dünn besiedelt. Luftauf­nahme des Abriss­ge­bi­ets von Gran­by Four Streets. Archive image ©Assem­ble
Die erste Pro­duk­trei­he des Gran­by Work­shops wurde für die zu ren­ovieren­den Häuser ent­wor­fen und umfasste Badez­im­mer­fliesen, Tür­griffe und Kamine. Hier zu sehen ist eine Samm­lung handge­fer­tigter Keramik­flaschen, Tassen und Gläs­er für den täglichen Gebrauch, die auf lokalen Mate­ri­alien beruhen. Das Unternehmen ist nach wie vor stark gemeinschaftsorientiert—es operiert von seinen Räum­lichkeit­en in der Gran­by Street aus, nimmt am monatlichen Gemein­schafts­markt teil und trägt weit­er­hin zu den laufend­en lokalen Ren­ovierun­gen bei. © Lewis Jones

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Transformation statt Abriss und Neubau

© Philippe Ruault

Über­all auf der Welt lassen sich Groß­wohn­sied­lun­gen wie die Cité du Parc find­en, die aus weitläu­fi­gen Land­schaften in die Höhe wach­sen. Quartiere wie die Cité gel­ten oft als »sozialer Bren­npunkt«. So auch hier. In den frühen 2000ern beschloss der franzö­sis­che Staat Maß­nah­men, um die Zukun­ft der Wohn­scheiben zu erörtern. Hier kommt das Architek­tur­büro Laca­ton & Vas­sal mit Druot ins Spiel. Das Team arbeit­et schon seit ger­aumer Zeit an der Frage: Wie kön­nen räum­liche Verän­derun­gen so geplant und umge­set­zt wer­den, dass sie nicht zur Ver­drän­gung der Bewohnen­den führen? So illus­tri­eren die Arbeit­en des Büros, dass Alter­na­tiv­en zu Abriss und Neubau existieren. Und sie definieren neue Qual­itäten in Häusern, die vie­len nicht verbesserungs­fähig erscheinen.


Pro­jekt

Trans­for­ma­tion de 530 Loge­ments et création de 8 loge­ments en toitures—Grand Parc Bordeaux


Beteiligte

Laca­ton & Vas­sal Archi­tectes, Frédéric Druot Archi­tec­ture, Christophe Hutin Archi­tec­ture, Architek­tur­büro; Bernard Blanc, ehe­ma­liger Gen­eraldirek­tor Aqui­ta­nis; Alain Jup­pé, ehe­ma­liger Bürg­er­meis­ter von Bor­deaux; Aqui­ta­nis Bor­deaux, Auftraggeber


Jahr

2011—2016


Ort

Bor­deaux, Frankreich

Die Häuser der Cité nach den Umbau­maß­nah­men. 2.300 von 4.000 Woh­nun­gen wur­den zwis­chen 2012 und 2017 saniert. Aber auch in anderen Groß­wohn­sied­lun­gen in Bor­deaux führte Aqui­ta­nis ähn­liche Maß­nah­men durch, die im Rah­men des Pro­gramms Généra­tions d’Habi­tat Inno­vant (GHI) statt Abriss und Neubau einen anderen Umgang mit Bestands­ge­bäu­den testen. © Philippe Ruault
© Philippe Ruault
Aqui­ta­nis, die Gesellschaft für sozialen Woh­nungs­bau des Gemein­de­ver­bands Bor­deaux Métro­pole, ist Eigen­tümerin der Gebäude. Der ehe­ma­lige Gen­eraldirek­tor des Unternehmens, Bernard Blanc, kon­nte den Abriss ver­hin­dern, unter anderem mit dem Argu­ment, dass die Cité du Grand Parc seit 2007 Teil der UNESCO-Weltkul­turerbe-Land­schaft von Bor­deaux ist. Mit der Entschei­dung für den Erhalt der Baut­en begin­nt nach einem architek­tonis­chen Wet­tbe­werb 2011 der Umbau. Die Bauauf­gabe umfasst die Trans­for­ma­tion ins­ge­samt dreier scheibenar­tiger Wohnge­bäude: die Blöcke H und I, die jew­eils 150 Meter lang und 45 Meter hoch sind, sowie Block G, der 60 Meter lang, aber nur 31 Meter hoch ist. © Philippe Ruault
© Philippe Ruault
In der ersten Phase des Umbaus wur­den die späteren Win­tergärten und Balkone, die von üblichen Last­wa­gen angeliefert wur­den, vor die existierende Fas­sade geset­zt. Erst danach ging es mit der Anpas­sung der existieren­den Hülle der Gebäude weit­er: Die alten Fen­ster wur­den demon­tiert, und neue Öff­nun­gen in die Fas­saden geschnit­ten. Die schnelle Mon­tage, möglich gemacht durch den hohen Ver­wen­dungs­grad von vor­fab­rizierten Ele­menten, trug dazu bei, dass die Bewohnen­den während der Umbau­maß­nah­men nicht ausziehen mussten. © Philippe Ruault

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Wehrhafte Kleinbauten

Das vere­inzelte Haus ste­ht wie ein Boll­w­erk gegen die von den Behör­den beschlosse­nen Verän­derun­gen des Istan­buler Vier­tels Fikirte­pe. Ahmet Ögüt, Plea­sure Places Of All Kinds; Fikirte­pe Quar­ter, Skulp­tur, 150×150×70cm, 2014 © Pri­vate Samm­lung, Amsterdam

Wir schauen auf eine tief in den Boden gebag­gerte Grube. In der Mitte: wie ein Fels in der Bran­dung ein gewaltiger Erd­klumpen, auf dem ein let­ztes vere­inzeltes Haus ste­ht. »Nagel­häuser« heißen diese Gebilde, die in ein­er schein­baren Öde übrig geblieben sind. Für Ahmet Öğüt sind diese Häuser »Aus­druck des indi­vidu­ellen All­t­agswider­stands gegen die Strate­gien staatlich­er oder unternehmerisch­er Zwänge«. Sie sind Überbleib­sel eiliger Urban­isierung­sprozesse und sprechen gle­ichzeit­ig von Ver­drän­gung. Öğüts Mod­ell­darstel­lun­gen der Nagel­häuser hal­ten diesen Zus­tand als War­nung fest. Und so wird der Wider­stand gegen die uner­bit­tliche glob­ale Immo­bilien­wirtschaft und speku­la­tive Grund­stück­sen­twick­lung langfristig sicht­bar und damit für andere ver­han­del­bar gemacht.


Pro­jekt

Plea­sure Places of All Kinds


Kün­stler

Ahmet Öğüt


Jahr

2014


Ort

Istan­bul, Türkei

Ahmet Öğüt, Plea­sure Places of All Kinds © Ahmet Öğüt
Ahmet Öğüt, Plea­sure Places of All Kinds © Ahmet Öğüt
Instal­la­tion­san­sicht eines Nagel­haus­es, Istan­bul. Seit dem Erlass eines Geset­zes im Jahr 2012 dür­fen Wohnge­bäude, die die Vorschriften zur Erd­beben­sicher­heit nicht erfüllen, abgeris­sen wer­den. Im Istan­buler Vier­tel Fikirte­pe sind von den damit ein­herge­hen­den urba­nen Trans­for­ma­tion­sprozessen viele tausende Häuser, die häu­fig im Eigen­bau und mit der schweigen­den Zus­tim­mung der Behör­den errichtet wor­den waren, vom Abriss betrof­fen. Diese Verän­derun­gen schaf­fen seit Jahren immense Kon­flik­te zwis­chen Bewohnen­den des Vier­tels und der Stadtver­wal­tung oder Immo­bilienun­ternehmen. Ahmet Ögüt, Plea­sure Places Of All Kinds, Fikirte­pe Quar­ter, Skulp­tur, 150×150×70cm, 2014. Pri­vate Samm­lung, Ams­ter­dam. Van Abbe­mu­se­um, Eind­hoven © Peter Cox

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